Napalm aus dem Hochdruckreiniger

01.01.2010 - Südkurier: Die AC/DC-Coverband „Powerage“ hinterläßt im Bahnhof Fischbach tiefe Eindrücke.

Auf der Schnellstraße zur Hölle gibt es keine Stoppschilder, keine Geschwindigkeitsbegrenzungen und auch keine Uhren. 105 Minuten dauert es, bis die AC/DC-Coverband „Powerage“ im Bahnhof Fischbach auf der Bühne steht. Ein Teil davon geht auf das Konto der Vorband „Sheriff“ aus Biberach – das sind insgesamt vier Jungs, die alle in Polizeiuniformen stecken und knackigen Punkrock aus eigener Feder rausknüppeln. Sogar aus dem Schlagerpop der „Münchener Freiheit“ macht das Quartett Abgeh-Mucke, unter der das Original kaum noch durchschimmert.
Bei Powerage läuft der Hase umgekehrt: Die Band beherrscht die klassischen AC/DC-Songs (und das sind viele) so perfekt, dass man sich fragt, welchen Sinn es eigentlich macht, überteuerten Karten für die Konzerte der originalen AC/DC hinterher zu rennen. Powerage sind eine Begegnung mit dem Inbegriff des Rock'n'Roll, wobei freilich allen voran Andy Köhler als Angus Young und Otto Hehl als Frontmann Bon Scott faszinieren – Hehl, weil er beim Soundcheck noch mit dem langweiligsten Schlabberpulli der Welt auf der Bühne stand, sein Gesang beim Konzert aber noch schneidender ist als der seines Vorbilds Bon Scott.

Band beherrscht die Songs

Hehls Stimme ätzt wie Napalm aus dem Hochdruckreiniger, Andy Köhler wiederum spielt Gitarre, als fließe der Strom zugleich durch seinen Körper und die Restband macht einen Druck, der den echten AC/DC-Shows in nichts nachsteht.
Powerage liefern eine Dampframmennummer nach der anderen und rasen dabei quer durch die Bandgeschichte – von den Anfängen, deren Glamrock-Restspuren von Powerage konserviert werden, bis zur jüngsten Single „Rock'n'Roll Train“.
Der Auftritt von Powerage zeigt, dass es kaum eine Band gibt, die wie AC/DC ihren Stiefel über Jahrzehnte durchzieht und damit noch immer kräftig in den Hintern treten kann. Auch der Tod von Bon Scott hat zu keiner verminderten Gangart geführt – für den Alkoholiker endete der „Highway to Hell“ im Februar 1980 auf dem Rücksitz eines Autos. Ob er an seinem Erbrochenen erstickt oder im Rausch erfroren ist, bleibt umstritten; Tatsache ist, dass Powerage den 30. Todestag mit einem Konzert feiern werden, am 19. Februar in der Biberacher Gigelberghalle.
„Dog eat dog“, „TNT“, „Dirty deeds done dirt cheap“, „Rock'n'Roll singer“ – AC/DC-Songs sind markige Schlachtrufe, die mit einem fetten Schuss Boogie verdammt rotzig daherkommen. Dass den Vertretern der Rechtschaffenheit in den 70er-Jahren gerade diese Rotzigkeit den Gipfel der Frechheit bedeutete, versteht man beim Konzert von Powerage sehr gut. Die alten Fronten gibt's nicht mehr, die Jugendlichen AC/DC-Fans von damals haben feste Jobs; aber der gespielte Aufstand hat wieder mal einen Heidenspaß gemacht.
Harald Ruppert

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